Dr. Oetker – Qualität wäre das beste Rezept
Schüler August Oetker, hast Du etwa geschlafen im Grundkurs Reputations-Krisenmanagement?
Dr. Oetker: Qualität wäre das beste Rezept gewesen oder Dos und don’ts im Fall eines reputationsrelevanten Ereignisses
Im Fall einer drohenden Reputationskrise müssen folgende Aktionen ganz oben auf der Agenda stehen:
Maximale Transparenz versprechen, offen kommunizieren, Ursachen benennen, um Entschuldigung bitten („bitten“ ist dabei ganz wichtig, sich nicht wie Winterkorn nur entschuldigen), eine Lösung entwickeln (am besten eine „Phoenix-aus-der-Asche-Wandlung“, die einen wieder ganz nach oben katapultiert wie Mercedes die A-Klasse nach dem Elch-Test) und glaubhaft vermitteln, dass man selbstverständlich alles tun werde, dass man mit den verantwortlichen Stellen eng kooperieren und die Öffentlichkeit auf dem Laufenden halten werde. Insbesondere bei selbstverschuldeten Ereignissen gilt es, die Kommunikationsführerschaft zu sichern und sich nicht wie ein Rind auf dem Weg zur Schlachtbank hinterher ziehen zu lassen.
Unter keinen Umständen
… sollte ein Unternehmen den Eindruck zu erwecken, dass es wichtige Informationen verschleiert oder gar verharmlost. In Zeiten von Social Media kommt man damit kaum mehr ungeschoren davon, sondern multipliziert die Vertrauenskrise nur.
Schüler August Oetker, hast Du etwa geschlafen im Grundkurs Reputations-Krisenmanagement? „Qualität ist das beste Rezept“ verspricht die bekannteste Marke des aus rund 400 Firmen bestehenden Familienkonglomerats. Die Qualität der Produkte touchieren wir später und entgegnen zunächst: „Qualität von Transparenz und Lieferkette ist jedoch das beste Rezept für Reputation!“
Was ist passiert?
Die mittlerweile auch jenseits von Jutebeutelträgern und Führerscheinverweigern gern gelesene Verbraucherzeitschrift Ökotest hatte 26 Oetker-Produkte auf Schadstoffe und Verunreinigungen getestet. Das Ergebnis war erwartungsgemäß nicht berauschend, schließlich ist Oetker nicht hip wie Alnatura, Entschuldigung, nicht wie Hipp oder Alnatura bekennend nachhaltig, sondern schwurbelt auf seiner Webseite nur sehr sparsam von Umwelt- und Klimaschutz. „In 14 von 26 Produkten haben die von uns beauftragten Labore erhöhte Mengen an Mineralöl aus gesättigten Kohlenwasserstoffen (MOSH) gefunden, in vier dieser Fälle fanden die Labore sogar stark oder sehr stark erhöhte Werte. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) können MOSH im Körper gespeichert werden und zu Schädigungen der Leber und der Lymphknoten führen. Es gibt verschiedene Eintragswege für Mineralölrückstände: Druckfarben von Papier- und Kartonverpackungen können zu Übergängen auf Lebensmittel führen, aber auch recycelte Kartonverpackungen enthalten häufig Rückstände von Mineralöl.“ schreibt Ökotest.
Abwiegeln ist keine superiore Strategie
Dr. Oetker reagierte, indem das Unternehmen die Rückstände als „vernachlässigbar“ abtat und „toxikologisch unbedenklich“, eine Einschätzung, die in dieser Form weder von der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA noch dem BfR geteilt wird. Est gestern ersetzte Dr. Oetker die Formulierung „toxikologisch unbedenklich“ durch „unerwünscht“.
Frage nach der Lieferkette Fehlanzeige
Spätestens seit Apple/Foxconn oder den Textilfabriken in Bangladesh wissen moderne Unternehmen, dass sie sehr wohl für die gesamte Lieferkette verantwortlich sind. Auch hier schien August geschwänzt zu haben. Selbstverständlich muss ein Lebensmittelkonzern heute Antworten auf folgende Fragen parat haben: Sind die verwendeten Eier Käfigeier (wie ahnen es)? Ist das Palmöl wenigstens zertifiziert (möglicherweise Augenwischerei, aber wenigstens ein kleiner Schritt)? Bekommen die Milchkühe Genfood? Engagiert sich das Unternehmen für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen auf den Kakaoplantagen? Alles paletti, entgegnet Dr. Oetker sinngemäß, verweigert aber gleichzeitig jeglichen Nachweis. Setzen, 6.
Lessons learnt:
- Ein internationaler Konzern, der insbesondere Frauen/Mütter als Zielgruppe hat, darf deren Wandel hin zu mündigen, gesundheitsbewussten und in Nachhaltigkeitsaspekten versierten Entscheiderinnen nicht verschlafen.
- In Zeiten von Social Media sind nicht mehr nur börsennotierte, sondern sämtliche Unternehmen den Argusaugen von Gesellschaft und NGOs ausgesetzt. Minuspunkte bei Ethik und Nachhaltigkeit schädigen die Reputation und bewirken negative Reaktionen der verschiedenen Stakeholdergruppen. Zurückhaltung bei den Konsumenten ist nur eine davon.
Bild: Collage aus Shutterstockbildmaterial
You must be logged in to post a comment.