Cum, mach ma ex

Kommen wir von illegaler Steuerhinterziehung zu illegitimer Steuerhinterziehung: Sieht der deutsche Steuerzahler die 10 Mrd. Euro aus Dividendenstripping eigentlich jemals wieder?

Auch wenn sich die Mitarbeiter der an den „Cum-Ex-Trading“ genannten Börsenspielereien beteiligten Banken nach der Arbeit gerne mal in Etablissements entspannen – mit Stangenballett hat Dividendenstripping nicht zu tun. Vielmehr handelt es sich um eine Aktienhandelsstrategie, die zuletzt in Verruf geraten ist: Kurz vor dem Dividendenstichtag verkauft man die Aktie eines Unternehmens, die man aber gar nicht hat. Das heißt Leerverkauf und ist bis hierhin völlig legal und nichts Besonderes. Nach dem Dividendenstichtag kauft man die Aktie wieder zurück. Am besten sind bei diesen Geschäften mehrere Steuerinländer und Steuerausländer beteiligt, so dass das Finanzamt mehr Gutschriften über Kapitalertragsteuern ausstellt, als überhaupt bezahlt wurden. In der Regel stellte der Fiskus zwei Gutschriften aus, bekam aber nur einmal Kapitalertragsteuer abgeführt. Da der deutsche Staat im Gegensatz zu etwa Spanien gang besonders langsam reagierte, konnte er über diese Gesetzeslücke mehr als fünf Jahre lang mühelos geschröpft werden. Trotz zahlreicher Hinweise konnten sich deutsche und ausländische Geldinstitute ungehindert am deutschen Steuertopf bedienen.

U.a. haben dies auch Fonds ausgenutzt und ihre Anleger mit Renditeversprechen von 8-10% bei gleichzeitig verschwindend geringem Risiko geködert. Das renommierte Schweizer Bankhaus Sarasin hat solche Fonds an Prominente verkauft und konnte diesen ihre Einlagen natürlich nicht mehr zurückerstatten, als 2011 überraschend die Gesetzeslücke geschlossen wurde. Unter den Opfern ist z.B. Herr Maschmeyer. Er hat das Geschäft Ende 2010 abgeschlossen, als der EZB-Leitzins bereits auf 1% gesunken war. Ein Mann, der durch geschicktes Agieren im Finanzsektor ein Milliardenvermögen verdient hat, schwört felsenfest, er habe daran geglaubt, dass man bei null Risiko 8-10% Rendite völlig legal verdienen kann. Legal, ja. Da hat er Recht. Der deutsche Fiskus hat es vermasselt. Und dass die meisten Privatpersonen gerne zugreifen, sofern keine strafrechtlichen Konsequenzen drohen, ist zwar bedauerlich, aber eben Fakt. Doch was ist mit Gesellschaften und Personen, die in der Öffentlichkeit stehen? Können sie sich leisten, hochgradig Illegitimes zu tun und dann achselzuckend auf die Gesetzeslücke verweisen?

Lessons learnt:

  • Gier frisst Hirn
  • Reputationsschaden hat nichts mit Legalität zu tun, sondern nur mit der Perzeption sämtlicher Stakeholder.
  • Kluges Reputationsmanagement bedarf knallharter Kosten-Nutzen-Analysen: Wenn der erwartete Shitstorm, die Einbuße des Markenwertes, der Vertrauensverlust der Gesellschaft, ja der zu erwartende Abschlag auf den Unternehmenswert den zu erwartenden Vorteil aus den gierig herbeigehandelten cum-ex-Gewinnen übersteigen dürfte: Hände weg!

Nachtrag : Herr Maschmeyer hat ein ganzes Rudel aus GALA und BUNTE bekannter Top-Anwälte beauftragt, seine Interessen zu vertreten. Jüngst war zu lesen, dass Zweifel aufgekommen sind, was seine Ahnungslosigkeit hinsichtlich der Fondskonstruktion betrifft.

Lessons learnt Teil II:

Wenn man sein Unternehmen für einen dreistelligen Millionenbetrag verkauft hat, muss man sich bei entsprechendem Gemüt nicht um seine Reputation scheren. Wenn man ein Geschäft betreibt, das auf Vertrauen und Ansehen beruht (-> Bank, Vermögensverwalter), kann man den Wert von Reputation jedoch niemals hoch genug schätzen.

Keine Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar